Weser Kurier vom 7.10.03
Das Unsichtbare sichtbar machen
Der Bremer Arthur Zapf ist Stadtführer und Künstler in Personalunion.
BREMEN. Bei beiden Tätigkeiten geht es ihm vor allem um eines: Das Unsichtbare sichtbar zu machen.
Ein kleines Menschengrüppchen steht am Schütting und starrt auf das Straßenpflaster. Hin und wieder blicken
die Leute auf und tauschen irritierte Blicke. Dann heften sich ihre Augen hilfesuchend auf einen in ihrer
Mitte aufragenden schwarz gewandeten Mann, dessen Augen unter buschigen, eng beieinander stehenden Brauen
belustigt funkeln. Er plaudert im lockerem Ton, mit weit ausholenden Gesten und süffisanten Mundwinkelzucken.
Der Bremer Arthur Zapf hat als Stadtführer eine besondere Gabe: Er macht "unsichtbares" sichtbar.
"Hier befand sich also der erste Hafen Bremens, direkt am Markt", erklärt Zapf, während sich die Gruppe langsam
Richtung Schnoorviertel bewegt; immer entlang des ehemaligen Verlaufs der Balge, dem rechten Nebenarm der Weser, auf
dem noch bis Mitte des 13.Jahrhunderts die Eeken - kahnähnliche Boote, die kleinsten nur 80 cm breit
und 3,50 Meter lang - schipperten. Sie dienten dem Transport von Waren und Personen.
Arthur Zapf schildert das damalige emsige Treiben auf dieser Wasserstraße. Packhäuser waren dicht auf den
Uferböschungen gebaut, und wenn Zapf redet, glaubt man es zu hören; das rufen der Kahnschiffer, das Feilschen
der Kauf der Lastenträger. Und man glaubt es zu riechen, wie die heute unsichtbare Balge im Laufe der Jahrhunderte
immer mehr zur Kloake wurde.
Zudem weht ein Pesthauch über Bremen, der Frösteln macht. Die Stadtväter beschließen 1834: Die Flußarme werden
zugeschüttet. Staunen. Es stellt sich heraus: Die Stadt ist quasi auf Wasser gebaut! Denn nicht nur die Balge
wurde verfüllt, sondern auch der Dobben und der Kuhgraben, die in die Wümme mündeten.
Lediglich Straßennamen und spärlich übersehbare Pflastermarkierungen weisen heute noch auf deren damalige Existenz hin. Das sind dann auch die wenigen Spuren, an denen sich Zapf lang hangeln kann. Intensive Archivrecherche, unzählige Gänge durch die Stadt und Gespräche mit Anwohnern gingen dem Vortrag des Künstlers voraus. Wie nun, Stadtführer oder Künstler? "Beides" betont der 48 jährige. Seine individuellen Führungen "ART.tours" überschneiden sich mit seiner künstlerischen Arbeit.
Tatsächlich wirken Zapfs Linolschnitte - zumeist von Gebäuden - die er mit ganz spezieller Drucktechnik aufbereitete.
Details. "Mich interessiert der Blick hinter die Hauptsache, das Fokussieren von Nebensächlichkeiten, die man leicht und so
gerne übersieht." Gerne arbeitet er auch mit übereinander liegenden Schichten, die er transparent läßt. So entstehen
Konglomerate von Stadtansichten, die gerade durch ihre Reichhaltigkeit darauf zielen, Einzelheiten sichtbar zu machen.
Genau diesen Ansatz also nutzt Arthur Zapf auch während seiner Stadttouren. Und er entpuppt sich dabei sowohl als
humoristischer Erzähler, denn auch als Blickelenker. Selbst aus dem Augenscheinlichen holt er noch neue Einsichten.
Im Oktober bietet Zapf Führungen im Rahmen des Ausstellungsprojekts, "Niemand ist eine Insel" an, mit Fokus auf die
öffentliche Kunst. Unter dem Titel, "Legenden und Kunst in der Stadt", führt Zapf durch die Innenstadt; und um das
Buntentor geht es bei der Führung, "Ackerbürger und Selbstversorger."
Bei unserer Führung ist die veranschlagte Tourzeit längst überschritten. Fragen prasseln auf Arthur nieder.
Der muß manchmal lachend abwehren, denn einiges ist auch ihm neu. Für den Künstler im Stadtführer ist das ein
netter Nebeneffekt: "Jede Führung inspiriert mich".
Nächste Führungen am 11.Oktober um 11 und 14 Uhr. Tel.: 0421/790 11 90 5 Übersicht
unter: www.arttours-bremen.de
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