Arthur P. Zapf führt Einheimische und Gäste auf 68 verschiedenen Touren durch Bremen.
Weser Kurier vom 9.7.2013
Auf den Spuren des historischen Lesum
Von Peter Otto
Bremen bietet viele sehenswerte Dinge. Aber viele Bremer kennen die verborgenen Schätze hinter
den Fassaden nicht. Darum hat es sich Arthur P. Zapf zur Aufgabe gemacht, nicht nur Bremern,
sondern auch Gästen von außerhalb die schönen Seiten der Stadt an der Weser zu Fuß, im Bus oder
mit dem Fahrrad zu zeigen.
Lesum. Der Grafiker Arthur P. Zapf ist Bremer aus Leidenschaft, wie er selbst sagt, und er möchte
den Teilnehmern seiner Führungen hanseatische Tradition und Lebensart näherbringen. So bummelt er
mit den Gästen an 340 Tagen im Jahr durch die Straßen und über versteckte Wege an verschiedenen
Ecken der Stadt, um das Besondere aufzusuchen. An den offenen Stadtführungen kann jeder ohne Anmeldung teilnehmen.
Am Sonnabend wanderte Zapf mit sechs Teilnehmern durch Lesum, um ihnen zu zeigen, dass der Ort mehr als ein Dorf
ist. Mit von der Partie war das Ehepaar Rüdiger und Vera Marwitz, das zwar schon lange in Lesum wohnt, aber noch
viel zu wenig über den Ort zu wissen meint. "Man kennt zwar den Magdeburger Dom oder das Freiburger Münster, aber
über die St.-Martini-Kirche weiß man fast gar nichts", gesteht Marwitz. So ist auch die St.-Martini-Kirche
Ausgangspunkt der Führung. Sie erhebt sich auf der Höhe einer Endmoräne, auf der einst ein keltischer Thing-Platz war.
806 wird der Ort erstmals erwähnt. Das Gotteshaus erscheint 1235 in den Annalen. Der romanische Turm mit den
kleinen Fensteröffnungen erinnert daran, dass die Kirche im Mittelalter eine Trutzburg und Fluchtstätte für die
Bewohner des Umlandes vor Feinden und Piraten gewesen ist. Zapf erzählt, dass das Kirchenschiff 1878 abgetragen
und größer wieder aufgebaut wurde. Dafür habe man im unteren Bereich die alten Granitsteine wieder verwendet,
der obere sei mit Backsteinen hochgezogen worden. Abgetretene Grabplatten aus dem 16. Jahrhundert zieren die
Stirnseite der Kirche. Den ehemaligen Kirchhof hat der Landschaftsarchitekt Christian Roselius unter Verwendung
der alten Grabplatten zu einem idyllischen Garten umgestaltet.
Von der Anhöhe aus blickt der Besucher durch das Astwerk der Bäume auf die Stahlwerke, die einst unter der
Federführung des Norddeutschen Lloyd gegründet wurden, um den Stahl für den Schiffbau auf der AG-Weser-Werft
zu produzieren.
Das ehemalige Hotel "Stadt Hannover" neben der Kirche sei in den 1920er Jahren abgerissen worden, um Platz
für ein Gemeindezentrum zu schaffen, berichtet der Stadtführer. Der Name des Hotels habe daran erinnert,
dass Lesum nach einer wechselvollen Geschichte 1718 an das Herzogtum Hannover gefallen war. 1866 kam der
Ort zu Preußen. Der preußische Adler über der Eingangstür zum heutigen Polizei-revier zeugt noch von dieser Zeit.
In dem roten Backsteinbau war einmal das Gericht untergebracht. Schräg gegenüber in einem klassizistischen Bau
wohnte der Richter. Später nutzte das Ortsamt die Räume. Im rückseitigen Bereich verbirgt sich hinter einer
modernen Glasfassade das frühere Gefängnis.
Architektonische Schätze
Auch die Straßennamen geben Auskunft über die Vergangenheit. So weist der Mönchshof auf ein ehemaliges
Zisterzienserkloster hin, Auf dem Pasch wurden vor langer Zeit die Osterfeuer abgebrannt, und die
Spielleutestraße erinnert an die Zunft der Musikanten, die einst bei festlichen Gelegenheiten aufspielten.
An der Hindenburgstraße, die vormals Vegesacker Chaussee hieß, parallel zur Eisenbahn verlief und 1845 gepflastert
wurde, stehen noch architektonische Schätze. So der Fachwerkbau der ehemaligen Bahnhofsgaststätte, schmucke
Gründerzeithäuser, mit Putz, Stuck und Relieftafeln verziert, und die Alte Apotheke.
Durch einen engen, von dichtem Buschwerk gesäumten Pfad geht es hinunter zum Alten Kirchweg. Hier wachsen in
einem schattigen Gehölz am Wegesrand giftige Eiben, deutsche Hartholzbäume, aus denen die Bewohner einst
Langbogen, Pfeile und Spieße gefertigt haben, erfährt der Teilnehmer des Rundgangs. Daneben erhebt sich ein
drei Meter hoher japanischer Knöterich, den die Seeleute einst eingeschleppt haben, und Giersch, den schon
die Römer mitgebrachten.
An der Lesmonastraße trifft man auf schlossähnliche Villen und Häuser, die nach 1901 im Sinne des Werkbundes
errichtet worden sind. Diese Bauepoche löste den Jugendstil ab. Der Weg führt weiter hinunter zur Lesum und
über den Deichweg wieder zurück zur Kirche. Er ist angefüllt mit Geschichte und Geschichten. Am Ende des
kurzweiligen Bummels durch Lesum bekennt ein Teilnehmer beeindruckt: "Toll, das hab ich vorher alles nicht gewusst."
Die Termine gibt es über unter www.arttours-bremen.de. Zwei Stunden dauert eine Führung, die nach Wunsch auf
Englisch, Französisch, Spanisch oder Platt geschehen kann.
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